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Valentinstag - ohne Angst zur Selbstliebe

Warum den Valentinstag nicht auch als Single feiern?

Die längste Beziehung, die man je führen wird, ist die zu sich selbst: Jens Herkommer, Heilpraktiker für Psychotherapie aus Lauffen, spricht im Interview über Selbstliebe als Fundament für ein glückliches Leben.


13. Februar 2023, 14:57 Uhr | Update: 13. Februar 2023, 16:45 Uhr |

3 Min

Jens Herkommer aus Lauffen arbeitet als Heilpraktiker für Hypnose- und Psychotherapie. Foto: Ralf Seidel


Warum den Valentinstag nicht auch mal als Anlass nehmen, um sich selbst zu feiern? Jens Herkommer, Heilpraktiker für Psychotherapie aus Lauffen, erklärt im Interview, warum Selbstliebe so wichtig ist und warum es keinen Tag im Kalender braucht, um die Liebe zu feiern.

Wie verbringen Sie den Valentinstag?

Jens Herkommer: Total langweilig und unspektakulär (lacht). Den Valentinstag verbringen meine Frau und ich wie jeden anderen Tag auch. Wir finden, dass es keinen Tag im Kalender braucht, um sich zu überraschen. Das hat etwas Aufdiktiertes. Solche Aktionstage sind ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite können sie ein toller Anlass sein, auf der anderen Seite werden sie zum gesellschaftlichen Pflichtprogramm. Dann fragt man sich manchmal, ob die Aufmerksamkeit am Valentinstag von Herzen oder vom Kalender kommt.

Man führt ja auch eine Beziehung mit sich selbst und das ein Leben lang. Wäre der Valentinstag nicht auch eine super Gelegenheit, Selbstliebe zu zelebrieren?

Herkommer: Ein sehr interessanter Gedanke! Bisher wird er größtenteils in Verbindung mit jemand anderem gebracht. Zum Beispiel, was man dem anderen schenken könnte. Oder man trauert, weil man niemanden an seiner Seite hat. Man könnte den Valentinstag also durchaus als Anlass nehmen, sich selbst etwas Gutes zu tun.

Und wenn ich mir am 14. Februar selbst Blumen oder Schokolade schenke? Ist das zynisch oder ein Akt der Selbstliebe?

Herkommer: Wenn ich das nur mache, weil alle in meinem Umfeld etwas geschenkt bekommen oder essen gehen, dann hat es etwas Zynisches, finde ich. Wenn man sich aber bewusst etwas Gutes tun will, dann zahlt das aufs eigene Konto ein und hat mit Selbstliebe zu tun. Die Intension macht den Unterschied.

Warum geben wir der Bestätigung im Außen, durch einen Partner beispielsweise, oftmals mehr Gewicht?

Herkommer: Meine Erfahrung ist: Je mehr man im außen Bestätigung sucht, desto schlimmer ist es im Inneren. Dahinter steckt oft die Angst, verlassen zu werden, nicht gut genug zu sein oder keinen anständigen Partner zu finden. Mein Rat wäre, umdenken. Nicht davonrennen, sondern sich dem unangenehmen Gefühl stellen. Ansonsten ist es ein Teufelskreis. Die Probleme, die Leere, die Einsamkeit hören durch Bestätigung im Außen ja nicht auf. Es kann auch helfen, sich bewusst zu machen, welchen Fokus die eigenen Gedanken haben und ihn mehr aufs Positive zu rücken.

Man hört ja immer wieder, dass Selbstliebe eine Grundvoraussetzung für eine glückliche Beziehung ist. Stimmen Sie dem zu?

Herkommer: Ich habe dazu einen bildhaften Vergleich: Wenn man den Menschen als einen Kreis sehen würde, dann gibt es einige, die lediglich ein Halbkreis wären. Sie fühlen sich unvollständig, weil ein wichtiger Teil fehlt: die Selbstliebe. Sie versuchen sich an einen anderen Halbkreis zu binden, um sich gemeinsam voll zu fühlen. Wenn aber zwei volle Kreise zusammenkommen, bringt das die Beziehung auf eine ganz andere Qualitätsebene. Daher rate ich Menschen, die sich gerade in Umbruchsphasen befinden, zum Beispiel in einer Trennung, erstmal die eigenen Themen zu ordnen. Wieder zu sich selbst zurückzufinden, das Gefühlschaos in den Griff zu bekommen und die Liebe in sich zu aktivieren, bevor man sich in irgendetwas Neues hineinstürzt.

Lieben Sie sich selbst?

Herkommer: Ja. Man muss sich aber bewusst machen, dass bei dem Wort Liebe einfach brutal viel mitschwingt.

Können Sie das weiter ausführen?

Herkommer: Man sollte sich fragen, ob es ernst oder nur als Floskel gemeint ist. Ich kann sagen, dass ich mich liebe, und ich kann zeigen, dass es so ist. Richte ich mich zu Grunde, indem ich jeden Tag zwei Packungen Zigaretten rauche? Mir keine Pausen gönne? Mich durch den Tag hetze oder mich als Versager abstemple? Dann kann ich nicht von Selbstliebe sprechen, das ist vielmehr Selbstzerstörung. Manche leben Jahrzehnte mit einem Schmerz, und erst wenn er groß genug ist, dann kommen sie. In den USA ist es viel normaler und etablierter, sich psychologische Hilfe zu holen. Hier bei uns wird das oftmals als Tabuthema abgestempelt. Wie soll man da zur Selbstliebe finden, geschweige denn den Valentinstag zelebrieren können?


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